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Wieder einmal bin ich über einen Beitrag von Vanessa Weber gestolpert, bei dem ich genickt habe. Ihre Beobachtung, dass Führung scheinbar unattraktiv geworden ist, teile ich. In den Details der Begründung, und bei der Frage ob es notwendig ist, erlaube ich mir eine Ergänzung.

Mythos Nummer eins: Führungskraft zu werden ist die einzige Karriereoption

Mit der zunehmenden Wissenstiefe in vielen Bereichen, gerade zum Beispiel in meinem Bereich, ist Führung nicht mehr die einzige Möglichkeit, Karriere zu machen. Betrachtet man die Softwareentwicklung, hat der klassische Fullstack-Developer seine Halbwertszeit überschritten. Natürlich, diese Menschen sind weiter attraktiv. Zunehmende Komplexität und neue Technik erfordert aber auch immer mehr Spezialisten. Eine Spezialisierung auf etwas gesuchtes führt dazu, dass es an Angeboten, auch solche mit entsprechend höherem Gehalt, nicht mehr mangelt.

Die Folge davon ist, dass wenn Entlohnung der Antrieb für eine Führungsrolle war, diese zusätzliche Verantwortung nicht mehr notwendig ist, um das gewünschte Gehalt zu erzielen.

Mythos Nummer zwei: Fachkompetenz trifft eine Aussage über Führungskompetenz

Ich blogge regelmäßig zu diesem Thema. Die beste Fachkraft ist nicht automatisch auch eine gute Führungskraft. Echte Führung (damit meine ich nicht “Aufgaben zuweisen und dafür mehr Gehalt bekommen”) erfordert viel mehr. Sie erfordert Management-Skills (Datenerhebung und -analyse, juristisches Wissen, betriebswirtschaftliches Wissen, und vieles mehr), ebenso wie Leadership-Skills. Gerade letzteres ist ein sehr großes Feld. Wenn man möchte, kann man viel lernen und daran wachsen. Oder man kann es ignorieren – dann ist man aber, aus meiner Sicht, keine echte Führungskraft.

Das ist auch der Bereich, in dem Unternehmer und CEO’s die beste Möglichkeit haben, Nachwuchs zu gewinnen: Indem sie genau hier fördern.

Mythos Nummer drei: Führungskraft zu sein bedeutet mehr Arbeit

Zugegeben, in der Realität ist es oftmals so, dass Führungskräfte mehr arbeiten. Aber notwendig oder verpflichtend ist es nicht. Natürlich kommt es auf Branche, Unternehmen und Umstände an. Im “Normalbetrieb” aber, unter der Annahme, dass man nicht Mythos Nummer zwei erliegt, sind die Aufgaben einer Führungskraft andere, nicht unbedingt mehr.

Insofern stimme ich Vanessa hier komplett zu: Der Gestaltungsspielraum, die Möglichkeit als Mensch zu wachsen, das sind die Themen, die Führung attraktiv machen. Alte Modelle (mehr Entlohnung, Macht, etc.) dagegen sind in der heutigen Zeit möglicherweise die falschen Argumente.

Jeder Nachfolger hat viele verschiedene Aufgaben, davon sicherlich auch einige, die sehr spezifisch mit dem jeweiligen Unternehmen zu tun haben, oder mit der Branche.

Was alle Aufgaben aber für meine Begriffe gemeinsam haben, ist, dass man sie in drei Aufgabenbereiche oder Rollen einordnen kann, die wir als Nachfolger haben. Bewusst wurde mir das in dieser Klarheit erst, als ich das Buch „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ von Stefan Merath gelesen habe. Über den Titel mag man gerne streiten, inhaltlich finde ich das Buch in jedem Fall mehr als empfehlenswert. Das vorgestellte Modell ist praktisch und schnell anwendbar – und schlägt mit dieser Einfachheit ausgefeiltere, aber kompliziertere theoretische Modelle. Ich spreche ja immer davon, dass Dinge schnell ausprobiert werden und dann angepasst werden sollen. Deshalb bevorzuge ich auch Meraths Modell als Ausgangspunkt. Und in einem echten Nachfolge-StartUp ist es auch wichtig, schnell zu starten und auf dem Weg den Kurs zu korrigieren.

Die drei Rollen will ich Dir heute anhand von Beispielen aus meinem Alltag vorstellen und denke, dass Du Dich darin auch wieder erkennst. Wichtiger ist aber die Frage, was man aus dem Wissen macht. Auf meine Gedanken dazu gehe ich im Anschluss ein.

Die Rolle der Fachkraft

Die erste Rolle, die man vermutlich auch manchmal aus vorherigen Lebensstationen kennt, ist die der Fachkraft. Als solche hat man spezifische Aufgaben, die meist direkt oder indirekt mit der Wertschöpfung des Unternehmens zusammenhängen. Beispiele wären aus meinem Feld Programmierer, oder aber Produktionsmitarbeiter in der Industrie, Mitarbeiter in der Finanz- oder Personalabteilung, und viele weitere mehr.

Diese haben gemeinsam, dass sie operative Aufgaben bekommen, die sie zu erfüllen haben. Die Erfüllung dieser Aufgaben trägt mittelbar oder unmittelbar zum Tagesgeschäft bei, sei es durch die Mitarbeit bei der Herstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, oder durch dazu notwendige andere Funktionen.

In meinem Fall war ich auch zuerst Fachkraft in meinem Unternehmen. Ich denke, das wird insbesondere bei Familienunternehmen oft der Fall sein. Es spielt aber keine Rolle, ob man vorher vielleicht auch woanders Fachkraft war. Ich jedenfalls begann im Bereich Marketing und Vertrieb und habe dort entsprechende Aufgaben wahrgenommen: Pflege der Homepage, Entwurf und Durchführung von Marketingmaßnahmen, Vertriebskampagnen und alles, was sonst noch dazu gehört.

Die Rolle des Managers

Die zweite Rolle ist die des Managers. Manageraufgaben sind diejenigen, die zum reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts beitragen, aber nicht das Tagesgeschäft sind. Zum Beispiel braucht es jemanden, der Dienstpläne erstellt, Kennzahlen entwirft und sichtet, Termine koordiniert oder Mitarbeitergespräche führt. All das sind Beispiele für die Aufgaben, die die Rolle Manager wahrnimmt. Der Manager soll die Strategie des Unternehmens in Projekte und Aufgaben konkretisieren, diese verteilen und über ihre Durchführung wachen. Er ist verantwortlich für das operative Ergebnis (nicht nur, aber auch in finanzieller Hinsicht – er ist zum Beispiel auch der Feuerwehrmann, wenn es Probleme gibt und muss dann eine Lösung herstellen). Je nach Unternehmensgröße gibt es für Teilbereiche dieser Aufgaben u. U. eigene Abteilungen (bspw. Personal oder Finanzen).

In meinem Fall, also in einem kleinen Unternehmen, sind die Aufgaben zu großen Teilen auf eine Person konzentriert. So sind zum Beispiel Jahresplanung, Mitarbeitergespräche, die Ressourcenplanung, der Einkauf und die Terminkoordination Manageraufgaben, die in aller Regel ich wahrnehme.

Die Rolle des Unternehmers

Die dritte Rolle ist die des Unternehmers. Sein Fokus ist die Strategie, der Kurs des Unternehmens. Merath drückt es bildlich aus, indem er Manager- und Unternehmerrolle in ihrem Wirkungsfeld unterscheidet: Der Manager arbeitet im Unternehmen, der Unternehmer am Unternehmen. Neben dieser Hauptaufgabe gibt es weitere Inhalte für diese Rolle, bspw. Networking, die Definition der Kernwerte des Unternehmens oder die Personalauswahl.

Klar ist, dass alle diese Aufgaben bei mir angesiedelt sind. Ich besuche die entsprechenden Veranstaltungen, engagiere mich in Verbänden und anderen Gruppierungen, knüpfe Kontakte, plane die Strategie und halte, zusammen mit meinem Team, jederzeit die Augen offen, um Chancen und Trends zu erkennen.

Was kannst Du nun daraus mitnehmen?

Zuallererst solltest Du es Dir bewusst machen! Im Alltag hat man oft vor lauter Aufgaben (die meist operativer Natur sind) überhaupt keine Zeit, diesen mentalen „Schritt zurück“ zu machen, und mal aus der Vogelperspektive auf das eigene Tun zu schauen. Mit diesem Wissen kannst Du (und das empfehle ich!) mal alles, was Du tust, aufschreiben und durch Kennzeichnung in eine der drei Rollen einordnen. Eine einfache Liste, hinter die Du ein U, M oder F schreibst, reicht völlig aus. So erkennst Du nicht nur, wo Dein Schwerpunkt liegt, sondern auch, wo Du vielleicht Hilfe benötigst.

Mein Tipp Nummer drei, bei dem ich Stefan Merath voll und ganz zustimme, ist es, vor allem die Fachkraftaufgaben abzugeben. Meine erste Einstellung war die einer Fachkraft, die seitdem Marketing und Vertrieb verantwortet. Das halte ich nach wie vor für eine sehr gute Entscheidung. Als Allrounder, der man als Nachfolger fast zwangsläufig ist, wird man nie die Effektivität einer dedizierten Fachkraft erreichen. Als kleines Extra bekommt man viel Zeit frei, um sich den anderen beiden Rollen zu widmen. Heute bin ich selbst nur noch selten im Bereich Marketing/Vertrieb aktiv – meist als Urlaubsvertretung oder indem ich Artikel schreibe, weil es mir Spaß macht.

Und wie kann ich mit den Manageraufgaben umgehen?

Bei der Managerrolle kommt es stark auf die Unternehmensgröße an. Ich habe diese noch fast zu 100% bei mir. In einem größeren Unternehmen können sicherlich viele Aufgaben auch abgegeben werden, sei es an die entsprechende Abteilung oder geeignete Personen. Ich empfehle hier mal eine Zeitmessung zu machen, über einen sinnvollen Zeitraum (einen Monat, zum Beispiel). Das Ziel dabei ist es, herauszufinden, wie viel Zeit man womit aus diesem Aufgabenbereich verbringt. Kombinierst Du eine solche Aufstellung mit einer sortierten Liste (sortiert danach, wieviel spezifische Kenntnisse für welche Aufgabe nötig sind) ergeben sich bestimmt einige Aufgaben, die Du anders verteilen kannst.

Der Grund dafür ist simpel: Die Rolle des Unternehmers kann und darf Dir niemand abnehmen. In der reinen Zahl der Aufgaben sind diese zwar wenige, aber dafür sind sie wichtige. Meine Erfahrung bislang ist, dass ich zwischen vielen operativen Anforderungen die vor allem die Managerrolle mit sich bringt, oft zu wenig Zeit dafür bleibt. Die Unternehmeraufgaben haben viel mit Nachdenken, kommunizieren, schlicht mit bildlichem und wortwörtlichen „Rausgehen“ aus dem Unternehmen zu tun. Das steht im Konflikt mit den Anforderungen des Teams und der Kunden an den Manager. Zudem wird man in der Managerrolle auch einfach oft unterbrochen und die Anforderungen wechseln schnell. Sich dann mit einer langfristigen Vision oder den Kernwerten des Unternehmens zu beschäftigen fällt schwer. Deshalb prüfe ich zurzeit auch, was ich noch aus der Managerrolle abgeben kann, um mich mehr der Unternehmerrolle zu widmen.

Die Unternehmerrolle wird oft vernachlässigt

Was mir hierbei besonders auffällt, ist die Sensibilität des Teams für An- oder Abwesenheit. Mein Team signalisiert mir recht schnell, wenn es der Ansicht ist, dass ich zu häufig außer Haus bin. Das steht natürlich oft im Konflikt mit meinen Unternehmerzielen und -aufgaben. Bislang habe ich es noch nicht geschafft, diesen Konflikt abschließend zu lösen. Mir ist klar, dass ich eigentlich noch mehr in diese Richtung tun muss, darf aber dabei die Bedürfnisse des Teams nicht aus den Augen verlieren. Wer hier einen Tipp oder Erfahrungswert für mich hat, dem bin ich sehr dankbar. Mein Ratschlag ist jedenfalls: Wenn Du diese Einteilung in Rollen einleuchtend findest und es für Dich relevant ist, kommuniziere das auch in Richtung des Teams. Sensibilisiere es dafür, dass es verschiedene Anforderungen gibt. Diese sind nicht immer direkt sichtbar und auch nicht immer automatisch bei Dir zu verordnen. Und halte es auf dem Laufenden, damit es nicht überrascht vor einem leeren Büro steht.

Ich hoffe, das hilft Dir so sehr, wie es mir bislang geholfen hat. Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. Es enthält noch weitere gute Ideen und ist auch, da es in Form einer Geschichte geschrieben ist, angenehm kurzweilig zu lesen.

 

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Episoden

Als Nachfolger hast Du viele Hüte auf. Je nach Größe Deines Unternehmens legst Du noch überall selbst mit Hand an, ob in Produktion, bei der Buchhaltung oder im Vertrieb. Das alleine ist aber nicht ausreichend. Es gibt viele andere Aufgaben, die Du zusätzlich erledigen musst. Die Planung, Organisation und Koordination ebenso wie die Strategie und die Vertretung des Unternehmens nach außen.

Eine Kategorisierung hilft

Wie bei allen unübersichtlichen Situationen hilft ein einfaches System, Ordnung zu bringen. In dieser Episode stelle ich Euch dieses Mittel, das auf Stefan Merath zurückgeht, vor. Es unterteilt all Eure Aufgaben in nur drei Rollen und ist deshalb schnell vermittelbar und leicht anzuwenden.

Hat man sich das erst einmal bewusst gemacht, gibt es einige Dinge, die man mit diesem Wissen tun kann. Im zweiten Teil der Episode spreche ich darüber, was ich damit angestellt habe und welche positiven Effekte es hatte. Gleichzeitig zeige ich aber auch, wo die Gefahren liegen, wenn die ein oder andere Rolle zu kurz kommt. Mit diesem Wissen schafft Ihr es bestimmt auch, Eure Aufgaben künftig besser zu strukturieren und so Euer Nachfolge-StartUp zum Erfolg zu führen.

Links zur Episode: