Es gibt traditionell einiges, worüber wir im Unternehmen nicht sprechen. Geld dürfte dabei das größte Thema sein. Aber auch Ausblick, aktuelle Lage oder die Verfassung des Unternehmers und seine Aufgaben sind oft unterbeleuchtet. Aber warum eigentlich?
Über Geld spricht man nicht
So haben wir es von unseren Eltern gelernt, und in Unternehmen wird nicht darüber gesprochen. Es ist eher die Ausnahme, dass man weiß, wieviel die Kollegen verdienen oder wie sich das Gehalt zusammensetzt. Von den Chefs ganz zu schweigen. Klar, mit einem Tarifvertrag kann ich das extrapolieren. Aber die meisten Unternehmen sind nicht tarifgebunden.
Woher genau die Angst kommt, über das eigene Geld, das anderer und das des Unternehmens zu sprechen, weiß ich nicht. Es ist aber so, dass es selten passiert, geschweige denn gefördert wird. Ich frage mich oft, welcher Schaden potentiell entstehen kann. Neid? Unverständnis? Urteile gegenüber anderen? Vermutlich ist das so, wo Menschen arbeiten, da menschelt es. Allerdings verpasst man damit eine Chance. Denn das, was für Dich als Nachfolger und Unternehmer vielleicht völlig selbstverständlich ist, ist Deinem Team vielleicht gänzlich unklar. Ein einfaches Beispiel: Das Verhältnis von Umsatz, Kosten und Gewinn.
Ist doch einfach, oder? Aber nur, wenn Du dauernd damit zu tun hast
Nun magst Du glauben, dass jeder um Dich herum weiß, wie es sich mit diesen Variablen verhält. Das ist nicht so. Ich hatte bislang zwei Situationen, in denen ich offene Kommunikation zum Vorteil meines Teams und meines Unternehmens nutzen konnte.
Das erste Mal war ein Jahr, in dem es zahlreiche politische Entscheidungen gab bzw. nicht gab, was unseren Markt faktisch über 18 Monate lahm gelegt hat. Wir sind also mit einer Hypothek ins Folgejahr gestartet. Entlassungen wären ohne eine besondere Anstrengung unvermeidlich gewesen. Meine Mutter und ich haben damals das Team versammelt, und Tacheles geredet. Alle Karten auf den Tisch gelegt, inklusive der möglichen Konsequenzen. Ich weiß nicht, ob es ein Rezept für eine erfolgreiche Art und Weise gibt. Es sind ja zwei mögliche Reaktionen denkbar: Angst oder Motivation. Wir haben letzteres erreicht. Das Team hat die Offenheit honoriert, indem es eine besondere Leistung gebracht hat. Wir haben das Jahr überstanden und konnten auf dieser Basis weiter aufbauen. Ich glaube, ohne diese Offenheit wäre das nicht möglich gewesen.
Man kann nur ausgeben, was man hat
Die alte Weisheit ist so profan, dass man sich selten Gedanken darüber macht. Die zweite Chance, Offenheit zu nutzen, ergab sich bei den Jahresgesprächen im vergangenen Jahr.
Wir hatten erfolgreiche Jahre hinter uns, die Umsätze stiegen, wir konnten viele zurückgestellte Investitionen tätigen. Serverraum, Renovierung, Umbauten, neue Schreibtische, all das wurde getan. Natürlich haben wir auch die Gehälter angepasst. Für dieses Jahr allerdings kündigte ich ein Sparjahr an, trotz guter Auftragslage. Das hat viele im Team irritiert.
Für mich war es klar: Ich hatte noch eine sehr große Investition vor der Brust, und hatte weitere Gehaltsanpassungen eingeplant – im Endeffekt rechnete ich mit einer schwarzen Null. Auch der Begriff Sparjahr klang vielleicht dramatischer, als es von meiner Seite aus geplant war. Mir ging es darum, optionale Ausgaben zu vermeiden, die in vergangenen Jahren noch ohne weitere Überlegungen gemacht wurden.
Bei meinem Team kam etwas anderes an: Trotz einem Rekordumsatz nach dem anderen müssen wir sparen – irgendwas läuft hier schief, wir verstehen das nicht.
Es war eine Chance, zu lernen
Dieses Missverständnis wurde, dank unserer sehr offenen Gesprächskultur, schnell thematisiert. Und mir bot sich damit die Chance, einiges zu lernen und auch etwas weiter zu geben.
Ich habe mir alle Zahlen der vergangenen Jahre genommen und daraus Grafiken erstellt. Die beiden wichtigsten waren…
- wie sich unsere Ausgaben prozentual verteilen (Menschen, Geräte, Lizenzen, usw.), und
- die Gegenüberstellung von Umsatz- zu Ausgabenentwicklung, und zwar spezifisch auf die Menschen bezogen (effektiv: alle personalbezogenen Kosten).
Mit diesen Grafiken habe ich dann erläutert, wie sich unsere Kosten zusammensetzen, wie sich die Umsätze entwickelt haben und worin wir Gewinne investiert haben.
Der Termin war ein großes Aha-Erlebnis. Ich konnte meinem Team zeigen, dass die Ausgaben für sie exakt parallel zu den Umsätzen stiegen. Mit anderen Worten, was wir mehr erlösten floss und fließt ins Team. Auch den Begriff „Sparjahr“ habe ich erläutern können, denn er klang dramatischer, als es wirklich gedacht war. Das zeigte mir noch einmal, wie wichtig Kommunikation als Führungskraft ist! Und das Team gab mir viel positives Feedback und wir konnten diese Transparenz, auch mit Zahlen, in unsere Kultur einbauen. Jetzt wird nämlich aktiv danach gefragt und es auch als Motivation und Hilfe bei der Zielsetzung erkannt. Und sie verstehen, warum Umsätze alleine noch keine Aussage darüber treffen, wie erfolgreich wir sind.
Die Erkenntnis: Transparenz lohnt
Dieses Erlebnis hat mir und meinem Team viel gebracht. Gegenseitiges Verständnis, Offenheit und Klarheit über das, was die Arbeit jedes einzelnen zu den Unternehmenszielen beiträgt. Ich kann es nur empfehlen, es auch mal zu versuchen. Nicht offen zu kommunizieren war, rückblickend, ein viel größeres Risiko.