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Wie in jedem Jahr habe ich auch im Dezember vergangenen Jahres meine Jahresreview gemacht und das folgende Jahr geplant. Dabei bin ich auf einige Lektionen gestoßen, die ich (erneut) lernen musste und die ich deshalb gerne teilen möchte.

Entspannung und Anspannung

Es ist immer wieder bemerkenswert, wie sehr man die Dinge ignoriert, die man anderen predigt. Mein Team bekommt von mir immer wieder zu hören, dass sie Urlaub machen sollen. Am besten drei Wochen am Stück. Nur ich selbst habe das meist nicht beherzigt.

Aber in 2024 war es soweit. Ich bin, im Rahmen meiner Hochzeitsreise, drei Wochen auf Bali gewesen. Eine wunderbare Erfahrung. Die Kultur, das Land kennenzulernen, neue Eindrücke zu gewinnen, andere Jaycees zu treffen, es war einfach bombastisch.

Und für meine Produktivität war es enorm hilfreich! Ich habe endlich mal genug Ruhe im Kopf gehabt, um Bücher zu lesen und neue Ideen zu gewinnen. Oder mir Gedanken um die Strategie meines Unternehmens zu machen. All das wäre mit einem kürzeren Urlaub, zum Beispiel Wochenendtrips, niemals passiert.

Der Schritt “Clarifikation” ist enorm wichtig

Wer, wie ich, die Grundsätze von GTD praktiziert, kennt vielleicht den Prozess. Man sammelt alles, was einem so einfällt oder zugesandt wird an einer Stelle (das ist Schritt eins). Der zweite Schritt besteht darin, Klarheit zu schaffen, worum es sich genau handelt. Also zum Beispiel, ob es eine Aufgabe oder ein Projekt ist, ob es nur Referenzmaterial ist, wer es tun sollte, wann es getan werden muss und einiges mehr.

Ist man bei diesem Schritt nicht genau genug, enden Dinge auf der ToDo-Liste, die niemals erledigt werden, weil unklar ist, was getan werden muss (und warum!). Genau das ist mir in diesem Jahr mehrfach passiert. Als ich im Rahmen meiner Jahresreview meine noch offenen Aufgaben sichtete, fiel mir auf, dass einige schon seit Monaten “mitgeschleift” wurden.

Das gute ist, dass mein Prozess mich dann zwingt, mich nochmal intensiv damit zu beschäftigen. Dabei zeigte sich auch mein Fehler: Es waren unklare Einträge, ohne konkret machbares. Deshalb wurden sie zugunsten von klaren Aufgaben zurückgestellt – und dann auch nicht weiter verfeinert.

Durch das Auslassen bzw. nicht komplette Durchführen dieses Schrittes hatte ich am Ende von 2024 immer noch Dinge auf meiner Liste, die längst hätten erledigt sein können. Somit sind sie, teilweise, in dieses Jahr gewandert. Das eigentlich traurige daran: Hätte ich nur im Laufe des Jahres etwas mehr Energie hineingesteckt, sie genau zu definieren, wäre das nicht notwendig gewesen.

Werkzeuge übernehmen keine Verantwortung

Meine dritte und letzte Lektion bezieht sich auf meine Werkzeuge. Ein Thema, das mich das ganze Jahr 2024 begleitete, war meine Projektliste. Ich hatte sie in den vergangenen Jahren, wie in meinem Beitrag dazu beschrieben, als einfache Textliste in meinen Notizen hinterlegt.

Als ich dann merkte, dass ich Schwierigkeiten hatte, meine Ziele zu erreichen, gab ich diesem Werkzeug die Schuld. Dadurch, dass Aufgaben in einem Tool waren (Todoist, bzw. ab Sommer Things, mit einem kurzen Zwischenschritt über Apple Reminders) und meine Projekte in Obsidian, nahm ich an, dass meine Probleme bei der Zielerreichung darin lagen. Ich migrierte also alles zeitweise ins Apple Ökosystem, um es dann wieder zu trennen.

In jedem Fall habe ich eine Menge Energie darauf verwendet, ein passendes Werkzeug zu suchen. Das war aber gar nicht die Ursache. Die lag nämlich eher darin, dass manche Ziele und Projekte (und die zugehörigen Aufgaben, wie oben beschrieben) nicht klar genug definiert waren. Das Werkzeug traf keine Schuld.

Zusammenfassung

Meine Learnings zu persönlicher Produktivität aus 2024 sind also die folgenden:

  1. Ohne ausreichende Entspannung sinkt die eigene Produktivität massiv und wichtige Ideen können nicht entwickelt werden.
  2. Es ist absolut erforderlich, Klarheit in das zu bringen, was zu tun ist. Ohne diese wird es nicht getan.
  3. Werkzeuge sind nicht für die Mängel in Deinem System verantwortlich. Du bist es.

Das ist auch ein Grund, warum ich für 2025 zu einem einfachen Setup aus Things und Obsidian zurückgekehrt bin und mir nun bei der Klarheit viel mehr Mühe gebe. Es sind erst zwei Wochen, aber bislang bin ich, trotz längerer Aufgabenliste, damit sehr produktiv.

 

Bildquelle: R_K_B_by_sokaeiko//pixelio.de

Dieses Jahr hat viel Kraft gekostet. Mit meiner anstehenden Jahresreview, die ich jedes Jahr mache, weiß ich bereits jetzt, welcher Satzbestandteil öfter darin vorkommen wird: „…das war anstrengend“. Für die kommenden Jahre, und für Leadership, erwächst daraus eine wichtige Erkenntnis.

Ja, es darf auch mal mehr als 100% sein

Die Erkenntnis, dass Entspannung wichtig ist, ist nun wirklich keine „Rocket Science“. Das Bundesurlaubsgesetz sagt das, der gesunde Menschenverstand auch. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich zuerst eine Lanze für die Anspannung brechen.

Die allermeisten Menschen brauchen ein gewisses Maß an Last, in dem sie sich wohlfühlen. 80, 90% sind Zahlen, die öfter genannt werden. Das verstehe ich, und habe diese Phasen natürlich auch. Es ist unmöglich, konstant über 100% zu bringen. Gesund erst recht nicht.

Gleichzeitig ist es aus meiner Sicht aber auch wichtig, gelegentlich über die bisherigen eigenen Grenzen zu gehen. Die Betonung liegt auf „bisherige“. Es hat ein wenig was von Fitnessstudio. Wenn ich dort immer nur so lange Übungen mache, wie ich mich wohl fühle, werde ich die Limits, also das, was meine 100% sind, niemals erweitern.

Persönliches Wachstum erfordert über die Grenze zu gehen

Genauso ist es auch bei allem anderen, zum Beispiel im Arbeitsleben. Wer sich immer innerhalb seiner Limits bewegt (das, was gerne mal Komfortzone, etwas despektierlich, genannt wird), dehnt diese Limits niemals aus.

Das Ergebnis ist mangelnde, weil nicht vorhandene Weiterentwicklung. Um diese zu ermöglichen müssen wir die Grenzen erreichen und überschreiten, seien es körperliche oder mentale Grenzen. Es ist wie jedes Muskeltraining, nur dass dieser „Muskel“ das Gehirn ist.

Für das Training braucht es Anspannung (das Überschreiten der bisherigen Grenzen) und Entspannung.

Achte auf Dich und auf andere

Für Führungskräfte erwächst daraus eine besondere Verantwortung. Sie können anderen bei der Entwicklung helfen, indem sie für diese Anspannung sorgen. Neue Verantwortungsbereiche, neue Themen, neue Projekte, all das kann dazu dienen, einen anderen Menschen an seine oder ihre Grenzen heranzuführen – und, mit Hilfe durch die Führungskraft, diesen Schritt erfolgreich zu bewältigen.

Gleichzeitig bringt es auch die Verantwortung mit sich, für die notwendige Entspannung zu sorgen. Achtet auf Eure Mitarbeitenden. Sorgt dafür, dass sie Urlaub machen (ungestört!), unterstützt es durch ordentliche Übergabeprozesse und Wissensverteilung. Auf diesem Wege werdet Ihr dem Anspruch an Leadership gerecht.

Denkt an das Vorbild

Und eines sollte man dabei nicht vergessen: Sich selbst! Wenn man Wasser predigt („Macht bloß Euren Urlaub!“) und Wein trinkt (selbst keinen machen) ist das nicht nur ein schlechtes Vorbild.

Die Dissonanz zwischen Worten und Taten führt dazu, dass andere diese Handlungsweise imitieren, wie ich vor einiger Zeit gebloggt habe. Das Ergebnis mag kurzfristig attraktiv sein, da ein hohes Leistungsniveau erreicht wird. Langfristig führt es zu ausgebrannten Menschen, deren Leistungsvermögen dauerhaft sinkt.

Es ist wie so oft im Leben: Zu wenig ist nicht gut, zu viel auch nicht. Die Mischung macht es!

 

PS: Ich werde dieses Jahr, wie auch schon vergangene, mit einem Jahresrückblick beenden. Dieser erscheint voraussichtlich am 20. Dezember 2023, dann ist erst mal Pause bis nach dem Jahreswechsel.

 

Bildquelle: Rainer Sturm  / pixelio.de