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Ich beobachte immer wieder mal Diskussionen zum Thema Gerechtigkeit. Das ist ein sehr großes Wort und es gibt, ganz offensichtlich, viele verschiedene Interpretationen. Auf jede davon eingehen ist nicht möglich, aber wenigstens eine kann ich, für mich, ablehnen.

Menschen sind unterschiedlich

Wer von Gerechtigkeit spricht, meint manchmal damit, dass alle Menschen das gleiche haben sollten. Geld, Status, Zugänge zu Bereichen, es gibt jede Menge Dinge, die man “gleichmachen” kann. Das klingt vielleicht verlockend, ist aber nicht die Realität. Menschen sind unterschiedlich. In ihren Interessen, ihren Begabungen, ihren glücklichen Zufällen und in vielem mehr.

Mit so heterogenen Voraussetzungen kann man nicht annehmen, dass bei jedem Menschen das Ergebnis davon, zum Beispiel wenn es um Vermögen geht, gleich ist. Es ist eine Tatsache, dass manche Berufe besser entlohnt werden als andere – oder dass manche Menschen in bestimmten Berufen glücklich werden oder nicht. Ob man das, generell, als gerecht empfindet, sei jedem selbst überlassen. Hier habe ich auch eine sehr differenzierte Meinung, die man auch nachlesen kann. Dass die Pflege oder Kinderbetreuung auch ein finanziell höheres Ansehen genießen sollte, finde ich auch. Und dass einige Berufe unglaublich überbezahlt sind ebenso. Dass es allerdings Unterschiede gibt, sollte relativ unstrittig sein.

Somit ist die Annahme, jeder Mensch könnte das gleiche bekommen, eigentlich von vornherein falsch.

Gleiches Ergebnis bedeutet kleinster gemeinsamer Nenner

Die ein oder andere Person mag nun an ihre Schulzeit denken, darum geht es aber nicht: Mir geht es um das, was passiert, wenn man die Ergebnisgleichheit als Faktor für Gerechtigkeit zu Ende denkt. Es bedeutet nämlich, dass alle auf dem kleinsten gemeinsamen Niveau einpendeln. Für diejenigen, die von weiter “unten” kommen, beispielsweise beim Einkommen, mag das verlockend sein. Für alle, die darüber liegen, ist es frustrierend, weil es jeden Anreiz zur eigenen Steigerung obsolet macht. Insofern finde ich, dass Ergebnisgleichheit letztlich zu Zusammenbruch der Gesellschaft führt, denn wenn alle eh das gleiche bekommen, warum sollte sich dann jemand anstrengen? Es gäbe keinen Grund mehr, in das eigene Fortkommen zu investieren.

Darin liegt auch die Herausforderung für die Politik, wenn es um Themen wie Sozialwesen, Steuern und Co geht. Die soziale Marktwirtschaft ist ein Erfolgsmodell. Der demographische Wandel, die aktuellen politischen Herausforderungen, all das wird immer wieder die Frage aufwerfen: Wie werden wir diesem Modell gerecht, ohne es zu übertreiben?

Gerechtigkeit ist Chancengleichheit

Nun habe ich klar gesagt, was ich ungerecht finde. Dann ist es auch Zeit, mal zu sagen, was ich unter Gerechtigkeit verstehe.

Ich verstehe darunter, dass jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Herkunft und vielen anderen Faktoren die gleiche Chance hat, sein oder ihr Leben anhand der persönlichen Befähigung, Neigung und Präferenzen bestmöglich zu gestalten. Was zum Beispiel nicht sein sollte, ist dass das Elternhaus ein signifikanter Faktor für den späteren Erfolg ist.

Mit dieser Definition verdienen die Menschen immer noch unterschiedlich viel – aber sie können durch eigene Arbeit, ohne sichtbare und unsichtbare Behinderung von außen, aus ihren Voraussetzungen das beste machen. Aufstiegschancen inklusive. Das wäre für mich, ganz persönlich, Gerechtigkeit.

Übrigens, bei absoluter Chancengleichheit wird es dennoch schlicht Zufälle geben. Manchmal sind Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Auch das gehört einfach zum Leben dazu. Unsere Aufgabe ist es aber, das zur Ausnahme zu machen.

 

Bildquelle: uschi dreiucker  / pixelio.de