Wer meinen Blog liest, hat sicherlich gemerkt, dass ich oft auf Social Media oder per Mail angesprochen werde. In 90% der Fälle, um mir etwas zu verkaufen. In den letzten Monaten war es wieder besonders häufig der Fall. Meine Beobachtung dabei: Der Prozess bei E-Mail Sales ist dabei identisch. Deshalb funktioniert er nicht!
Immer das gleiche Schema bei E-Mail Sales
Über die Methoden bei Social Media habe ich ja bereits geschrieben. Heute mal ein kleines Spotlight auf das aktuelle E-Mail-Drehbuch, das übrigens bei allen identisch ist!
- Die initiale Mail
Zuerst kommt eine Mail mit einer klaren Verkaufsansprache. Es geht darum, was geboten wird, in aller Regel garniert mit einer mehr oder minder großen Zahl namhafter Klienten, die “bereits zufrieden waren“.
- Das Nachfassen – sicherlich übersehen?
Ein oder zwei Wochen später folgt dann eine weitere E-Mail. Diese ist kurz, sie beinhaltet lediglich die erste Mail als Anhang, verbunden mit einem Satz: “Sie haben meine erste Mail sicherlich übersehen, daher nochmal im Anhang“.
- Die Trauer
Wieder einige Tage später dann eine traurige Mail. “Ich bin mir doch soooooo sicher, dass ich Dir helfen kann“…
- Der Rückzug
Zuletzt kommt immer die gleiche Mail. In humorvollem Tonfall, garniert mit Smilies, dann: “Du merkst, ich bin sehr hartnäckig. Entschuldige bitte das Fluten Deiner Inbox“.
Die Fehlannahmen dahinter
Was die Absender leider nicht bedenken, ist, dass man viele solche Mails bekommt. Und deshalb ist es weder originell, immer wieder die gleichen Bausteine zu lesen. Noch ist es besonders sinnvoll. Denn da liegen einige Fehlannahmen zu Grunde:
- Wenn ich nicht antworte, gibt es zwei Gründe. Du kamst nicht durch den Spamfilter (dann tut es die zweite Mail auch nicht), oder ich habe schlicht kein Interesse. Ich “übersehe” keine Mails.
- Mein Interesse wird durch Suggestion nicht größer.
- Du nimmst an, dass Du besser weißt, was ich brauche – das dürfte eher selten der Fall sein. Wenn ich Hilfe benötige, frage ich danach. Das habe ich vor langer, langer Zeit in einem Training gelernt: Um zu helfen braucht es zwei Seiten. Eine, die Hilfe erbittet, und eine, die sie anbietet.
- Es gibt einen Unterschied zwischen hartnäckig (wenn ich vielleicht anbeiße, aber noch nicht überzeugt bin) und nervtötend (der Regelfall).
- Wenn alle das gleiche Drehbuch nutzen, ist es nicht mehr originell.
Es geht sogar noch unmoralischer
Als ob Mails nicht schlimm genug sind, wenn sie immer wieder gleichartig sind, es geht noch eine Stufe dreister. Im vergangenen Jahr gab es etwa ein Dutzend Anrufe in der Firmenzentrale. Der oder die Anrufer(in) sagte meinen Mitarbeitenden immer, dass man zu mir wolle, man hätte schon mal gesprochen oder gemailt. Oftmals werde ich auch mit Vornamen genannt, um Nähe zu suggerieren.
Mein Team hat hier die klare Anweisung zu blocken, weil es bisher noch nie wahr war. Und ich finde das dreist!
- Was glaubt der oder die Anrufer(in) damit zu gewinnen? Nachdem mein Team angelogen wurde, kaufe ich ganz sicher nichts.
- Für wie doof hält man die Zielperson? Ich kenne die Suchfunktion meiner Mails und weiß, auf welche Anrufe ich warte. Würde ich auf diesen warten, stünde er in meinem Kalender.
- Merkt niemand den offensichtlichen Fail? Wenn ich einen Anruf wirklich angefordert hätte, hätte die Person meine Durchwahl oder Handynummer
Das ist der Grund, warum mein Team hier immer sehr gezielt nachfragt. Woher kennt man sich? Gibt es einen Termin für diesen Anruf? Worum genau geht es denn? Mit Hilfe dieser Fragen kann man einiges vorher abfangen.
Was ich mir wünsche
Ich weiß, dass Verkaufen notwendig ist. Was ich mir wünschen würde, wäre ein ehrlicher Anruf oder eine individuelle Mail. Der Anruf könnte zum Beispiel so laufen:
“Hallo, ich bin XYZ. Ich hatte bislang noch keinen Kontakt mit Herrn Hoßfeld und weiß auch nicht genau, ob das, was ich biete, für ihn interessant ist. Darüber würde ich gerne mal mit ihm sprechen. Ist das möglich?”
Oder eine Mail, zum Beispiel so:
“Guten Tag, Werbemails bekommt man oft genug. Das hier ist auch eine. Allerdings nicht unter der Annahme, dass ich besser weiß, was Sie brauchen. Hier ist mein Angebot. Wenn Sie möchten, können wir mailen oder telefonieren. Ansonsten löschen Sie diese Mail einfach. Danke für Ihre Zeit!”
Das wäre doch mal ehrlich – und wertschätzender, finde ich!